Ein Abend mit Richard Wagner

Klassik – Musiker präsentieren Werke des Komponisten bei der „Festlichen Operngala“ im Theater

Die vor 200 Jahren geborenen Opern-Giganten Giuseppe Verdi und Richard Wagner sind die beiden bedeutendsten Komponisten-Jubilare des Jahres. In der „Festlichen Operngala“ am vergangenen Sonntag im Rüsselsheimer Stadttheater standen jetzt Ausschnitte aus Werken Richard Wagners auf dem Programm.

Rainer Zagovec versteht es in seiner Moderation, dem Publikum im gut besetzten Stadttheater die Diskrepanz zwischen Wagners menschlichen Schwächen und der Genialität seines künstlerischen Schaffens aufzuzeigen. Wie immer verpackt er seine dankbar aufgenommenen Informationen in unterhaltsame Schnurren.

Musikalisch steht der Abend auf hohem Niveau. Zu Gast ist in großer Besetzung, wie sie für die Realisierung Wagnerscher Musik unabdingbar ist, die Thüringen Philharmonie Gotha. Deren Dirigent Hermann Breuer ist mit Wagners gewichtigen Ouvertüren bestens vertraut: Das im Aufbau bezwingend angelegte „Meistersinger“-Vorspiel kommt ohne Poltern und Dröhnen aus und ist in heiterem, sachlich erzählendem Fluss gehalten.

Innerhalb des großflächigen Tableaus kommen die Holzbläser-Geschwätzigkeiten und Beckmesser-Meckereien ebenso plakativ zur Geltung wie die wirkungsvollen Steigerungen und strahlkräftigen Fanfaren.

Im Vorspiel zum dritten „Lohengrin“-Akt lassen Breuer und seine Instrumentalisten nach Herzenslust die Beckenschläge stieben, die Streicher toben, die Harfe rauschen und die Blechbläser schmettern. Auch die potpourriartig angelegte Ouvertüre zu „Der Fliegende Holländer“ lebt und bebt vom ersten Augenblick an: Das Geisterschiff braust zum fahlen Klang der leeren Quinten heran, klangschön formt das Englischhorn Sentas Erlösungsmotiv, fröhlich tönt der Gesang der Matrosen – Hermann Breuer mischt fachkundig die Farben und balanciert geschickt zwischen packender Dramatik und lyrischer Verhaltenheit.

Solisten mit Licht und Schatten

Licht und Schatten lagen bei den beiden Gesangssolisten dicht beisammen. Dem Tenor Ernst Lintner fehlt für Lohengrins „Gralserzählung“ die schwebende Leichtigkeit für diese Partie im ätherischen A-Dur-Leuchten. Für seine Spitzentöne holt er mit sportiven Beinschwüngen aus, ohne freilich Glanz und Geschmeidigkeit zu erreichen. Der nicht gerade umwerfende, stimmlich nicht unproblematische Tenor bleibt auch im Gebet aus „Rienzi“ einiges an emotionaler Feinzeichnung schuldig, die im langen Orchestervorspiel vorgegeben ist. Immerhin zeigt Lintner, jetzt vorwiegend den Mezza-Voce-Bereich nutzend, im Duett mit der Sopranistin Christine Bath in der Szene Sieglinde-Siegmund aus dem ersten „Walküre“-Akt Stimmbeherrschung und Stilgefühl.

Christine Baths Sopran ist ausgestattet mit einem klaren, blühenden Gesangston. In der Senta-Ballade („Der Fliegende Holländer“) macht sie die naive, dennoch kernige Mädchenhaftigkeit der Figur glaubhaft und vermittelt, wie Wagner hier Vergangenheitsbeschwörung, dramatische Gegenwart und Zukunftshoffnung verknüpft.

Als intensiv gestaltende Elisabeth begrüßt sie höhenstrahlend die „teure Halle“ („Tannhäuser“).

Die Chorszenen sind bestimmt durch ein schönes Zusammenwirken von berufserfahrenen Profis und musikbegeisterten Laien: Der neu gegründete gemischte Chor „CantaRona“ und der Männerchor des „Liederkranz Rüsselsheim-Hassloch“ haben unter der Leitung von Bianca Heintze und Ronald R. Pelger ihre Stücke, die allesamt auswendig vorgetragen werden, gründlich vorbereitet.
Die gewissenhafte Einstudierungsarbeit der beiden Chorleiter und Hermann Breuers gestaltende Akkuratesse werden beim Brautchor aus „Lohengrin“, dem Spinnerinnen- und Matrosenchor aus „Der Fliegende Holländer“ und im klangprächtigen „Tannhäuser“-Ausschnitt (Pilger- und Finalchor) deutlich. Nach der ausführlichen Reverenz an den Magier von Bayreuth ließ die große, annähernd einhundert Mitwirkende zählende Sängerschar am Sonntag als Zugabe den Gefangenenchor aus Giuseppe Verdis „Nabucco“ folgen, den Hermann Breuer und das Orchester indes allzu lapidar und nüchtern abhandelten und kaum berührende Momente zuließen.

„Rüsslesheimer Echo 10.12.2013“

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